Facharbeit Teil 6: An jeder Stimme hängt ein ganzer Mensch
Nun haben unsere Disney-Prinzessinnen bekanntermaßen ein gesundes Verhältnis zu ihrer Stimme und ihrem Ausdruck – schließlich singen sie immer und überall. Wie zuvor beschrieben ist dies bei uns westlichen Menschen leider in den seltensten Fällen der Fall. All diese vorbeschriebene Anbindung an die Natur, das Universum, das Lied und die Stimme wird uns relativ früh aberzogen oder auch durch belastende und traumatisierende Erlebnisse von uns abgespalten.
An jeder Stimme hängt ein ganzer Mensch mit all seinen Erfahrungen, Emotionen, Schocks, Traumatas, Glaubenssätzen, Bewertungen etc. Sänger bemerken diese Auswirkungen auf ihre Stimme ganz unvermittelt. Jede kleinste Verspannung wirkt sich auf den Gesang und den sängerischen Ausdruck aus. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass jegliche Erlebnisse und Erfahrungen, insbesondere diejenigen aus der Kindheit, eine Stimme und den dazugehörigen Menschen dauerhaft in Kompensationsmuster versetzen. Erschreckenderweise nehmen wir dies als „normal“ hin, weil wir es nicht anders wissen. Stellen wir uns vor, ein Kind in seiner Natürlichkeit hüpft und singt und kreischt voller Begeisterung durchs Wohnzimmer. Der gestresste und völlig überforderte Vater schreit das Kind an oder versetzt ihm schlimmstenfalls im Affekt eine Ohrfeige. Was bleibt, ist ein Mensch, der seine Stimme nie wieder erheben wird, der vielleicht in einer Schockstarre verharrt, introvertiert bleiben wird etc. Er wird sich selbst erzählen: „Ich bin halt so“. Der natürliche Ausdruck eines kreativen, schöpferischen Wesens wird so für immer verstummen – sofern man die Verpanzerung nicht mit Hilfe der ganzheitlichen Stimmtherapie auflöst.
Natürlich erlebt nicht jeder Mensch solch schockierende Momente in seinem Leben. Dennoch: Schon in der Schwangerschaft hat die Mutter in unserer Kultur nicht die Zeit und die Ruhe, sich gänzlich auf ihr Kind einzulassen. Existenzängste übertragen sich auf das Ungeborene. Oft wird bei der Entbindung Mutter und Kind nicht die Zeit gegeben für den natürlichen Prozess, stattdessen wird verfrüht ein Kaiserschnitt eingeleitet. Stillen ist in unserer Welt unmodern geworden und dabei ist es nicht nur für die physische Gesundheit des Kindes enorm wichtig. In vielen modernen westlichen Familien wird weder für das Kind in Form von Schlafliedern noch mit dem Kind gesungen, um es von Anfang an vor falschem (leistungsorientiertem) Singen zu schützen. Die kognitiven Auswirkungen des Nichtsingens auf das Kind sind vielen Menschen gar nicht bewusst. Die modernen Erziehungspraktiken tun ihr Übriges, um von einem unschuldigen Wesen mit Urvertrauen ein orientierungsloses, verstummtes, nahezu lebloses Etwas zu machen.
Off Topic:
Als Bild für diesen Teil meiner Gedanken habe ich das Bühnenbild des Rigoletto bei den Bregenzer Seefestspielen 2021 gewählt. Je mehr sich das Drama um den Antihelden Rigoletto in der gleichnamigen Oper abspielt, desto mehr „zerlegt“ sich der Clownskopf und verwandelt sich in eine leere und zugleich teuflische Fratze. Genau sowas im übertragenen Sinn passiert, wenn wir unsere Stimme unterdrücken und ihr keinen Raum geben.
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